|
Eng verbunden mit der Konstruktion von Weitwinkelobjektiven bei Spiegelreflexkameras ist ein grundsätzliches Problem: um eine Mattscheibenbetrachtung zu ermöglichen, muß zwischen Filmebene und Hinterlinse ein Abstand von etwa 40 mm liegen, damit der Spiegel zur Belichtung ungehindert hochklappen kann.
|
Diesen Abstand, Schnittweite genannt (die genaugenommen vom Flächenscheitel der Hinterlinse gemessen wird), können Weitwinkelobjektive ab einer bestimmten Brennweite nicht mehr einhalten. Man beseitigt dieses Problem durch Hinzufügen zusätzlicher Linsen, die die Schnittweite künstlich vergrößern.
Diese Retrofokus-Konstruktion ist heute allgemein üblich und bringt noch einen zusätzlichen Vorteil mit sich: sie begegnet dem Problem des Lichtabfalls zum Rand hin, der Vignettierung, die bei Weitwinkelobjektiven besonders ausgeprägt ist.
|
Zusätzlich bedient man sich bei den meisten modernen Optiken der CRC-Technik, um den Leistungsabfall im Nahbereich zu kompensieren. Weitwinkelobjektive sind recht sensible Systeme, bei denen der Konstrukteur manchmal bis zu 16 Linsen benötigt, um alle Probleme annähernd in den Griff zu bekommen.
|
Zu Anfang der Weitwinkel-Vorstellung gleich ein Griff in die Vollen: Nikon stellt - seit Jahren unangefochten - das extremste, praktisch verzeichnungsfreie Weitwinkelobjektiv für eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera her:
|
Das Nikkor 13/5,6 [ TD ] deckt einen Bildwinkel von 118° ab. Alle Leistungsdaten zu diesem Objektiv, darin darf man getrost auch den Preis einschließen, sind Superlative. Die Frontlinse mißt fast 11 cm im Durchmesser, das Gewicht liegt bei stolzen 1200 Gramm, und der Preis mit rund 1000 Mark pro Millimeter Brennweite erreicht den Gegenwert eines Kleinwagens.
Wer noch nie die Wirkung dieses Objektivs im Kamerasucher gesehen hat, sollte sich festhalten: der Eindruck ist atemberaubend. Schon ein leichtes Verkanten läßt bei diesem gigantischen Bildwinkel senkrechte Linien dynamisch zusammenlaufen, ein Effekt, mit dem sich selbst dem banalsten Motiv schwindelerregende Seiten abgewinnen lassen. Filter können vor der kugelförmigen Frontlinse natürlich nicht mehr angebracht, sondern müssen vor der Hinterlinse befestigt werden.
Das Nikkor 13/5,6 ist neben dem 6 mm Fisheye und dem 2000er Reflex-Nikkor eines der drei Objektive, die Nikon nur auf feste Bestellung hin fertigt. Neben der gut gefüllten Brieftasche sollte der Interessent etwas Geduld nach seiner Auftragserteilung aufbringen. Es ist ein typisches Spezialobjektiv für jemanden, der den extremen Bildwinkel wirklich braucht und nicht auf den Preis achten muß.
Eine annähernd beeindruckende Wirkung zeigt das Nikkor 15/3,5 [ TD ] mit ''nur'' 110° Bildwinkel. Nur 8° weniger, dafür aber auch nur halb so schwer und zu einem Fünftel des 13er Preises zu haben. Die Streulichtblende ist bei diesem Objektiv eingebaut und dient mehr als Schutz gegen Beschädigungen der großen empfindlichen Frontlinse denn dem eigentlichen Auftrag. Die Filterbefestigung erfolgt wie beim 13 mm Nikkor vor der Hinterlinse.
Vor dem 15/3,5 war von 1973 bis 1978 das 15/5,6 [ TD ] im Programm, das als wesentlichen Unterschied neben größerem Volumen über eingebaute Filter verfügt. Ein Gelbfilter Y 48, ein Orangefilter O 56 und das Rotfilter R 60 lassen sich über ein Drehrad vor dem Fokussierring in den Strahlengang schwenken.
|
Schon häufiger anzutreffen als die beiden erstgenannten Exoten war das Nikkor 18/4,0 [ TD ], mit immer noch beachtlichen 100° Bildwinkel das Lieblingsobjektiv vieler Landschafts- und Architekturfotografen. Mit nur 315 Gramm Gewicht bietet es sich für mobile Fotografie unterwegs auch geradezu an. Das 18/4,0 ist eines der letzten Objektive, das mit Filter der Serie 9 benutzt wird, die zwischen Frontlinse und Gegenlichtblende befestigt werden.
|
Nach acht Jahren Produktionszeit wurde es durch das heute noch aktuelle 18/3,5 [ TD ] abgelöst, das, versehen mit CRC-Technik, das wohl schärfste Non-AF Superweitwinkel von Nikon ist. In seinen Dimensionen reduziert, lassen sich Filter mit 72 mm Einschraubgewinde verwenden.
Ihm zur Seite steht seit 1993 das 18/2,8 AF D [ TD ], das mit 13 Linsen über eine halbe Blende lichtstärker ist. Seine Naheinstellgrenze liegt bei 25 cm. Asphärische Linsen und Hinterlinsenfokussierung sorgen für sehr hohe Bildqualität. Sein Filterdurchmesser allerdings ist wieder größer - 77 mm. Die unabdingbare Streulichtblende HB-8 ist serienmäßig dabei.
|
Speziell für die Nikon D 1 erschien im Sommer 2000 ein neues Hochleistungs-Weitwinkelobjektiv, das 14/2,8 AF-D ED [ TD ].
Aus der im Vergleich zum KB-Film geringeren Größe ihres CCD-Sensors resultiert eine scheinbare Brennweitenverlängerung um den Faktor 1,5. Will der D 1-Fotograf also einen ''richtigen'' WW-Effekt, muss er zu Brennweiten wie der hier vorgestellten greifen: 14 mm x 1,5 = 21 mm. Dies bedeutet einen Bildwinkel von 90°.
|
Das äußerst edel verarbeitete, mit zwei asphärischen Linsen, ED-Glas und Hintergliedfokussierung ausgestattete 14/2,8 (es ist das erste Nikkor dieser Brennweite überhaupt) lässt sich natürlich auch an eine Nikon Kleinbild-SLR ansetzen. Dann besticht es durch hervorragende Bildqualität und beeindruckt durch den riesigen Bildwinkel von 114°. Vor eine APS-Nikon mit F-Bajonett lässt es sich ebenfalls mit hervorragenden Ergebnissen spannen. Der Bildwinkel reduziert sich dort wieder auf 102°.
|
|